Die Organe von Trink—Genosse

Organigramm Trink—Genosse

Ein Körper braucht sie zum Leben und auch Trink—Genosse hat einige: Organe. Aber was ist das eigentlich und wozu sind sie gut? Genosse Clemens hat uns bei der Generalversammlung das Organigramm von Trink—Genosse vorgestellt, das er hier noch einmal erläutert.

Wozu gibt es verschiedene Organe?

Großen Genossenschaften haben schon vor Jahrzehnten bewirkt, dass die gesetzliche Organstruktur (§9 GenG) von Genossenschaften der in Aktiengesellschaften angenähert wird. Es gibt die drei Organe Generalversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand (ähnlich Gewaltenteilung mit eigenverantwortlichem Vorstand). Das war nicht immer so. Ursprünglich war das System basisdemokratischer angelegt, vor allem was die Rolle des Vorstands betrifft. 

Das heißt jetzt aber nicht, dass die Genossenschaftsdemokratie tot ist. Wir dürfen immer noch in weiten Teilen selbst bestimmen, wie wir unsere demokratische Mitgestaltung organisieren. Und das machen wir auch, denn die Idee ist ja, nicht nur anders zu sein als andere Unternehmen, sondern auch anders als andere Genossenschaften (genossenschaftlicher als andere Genossenschaften). Also am genossenschaftlichsten.

Was machen unsere Organe anders?

Generalversammlung

Die meisten Mitglieder von Genossenschaften in Deutschland waren noch nie selbst auf einer Generalversammlung. Zum einen gibt es oft nur Vertreter*innenversammlungen, zum anderen wissen viele gar nicht, was es überhaupt bedeutet Mitglied zu sein (z.B. Kund*innen einer Volksbank) und erinnern sich schwach, dass sie mal einen Anteil übernommen haben, der ein bisschen wie eine Kaution ist. Dass der Anteil sie in Wirklichkeit effektiv zu Eigentümer*innen macht und ihnen dasselbe Stimmrecht wie allen anderen Eigentümer*innen verleiht, wissen sie nicht. Und das ist vielen Vorständen natürlich auch ganz recht so, wenn ihnen keiner ins Handwerk pfuscht.

Generalversammlung Trink—Genosse 2019
Generalversammlung Trink—Genosse 2019 © Silviu Guiman — luetzow.studio

Jährliche Generalversammlung

Bei der jährlichen Generalversammlung machen wir bei Trink—Genosse den offiziellen Teil, also das was das Gesetz vorschreibt. Im Wesentlichen heißt das: Der Vorstand und der Aufsichtsrat stellen ihre Jahresberichte vor und werden für das vorherige Geschäftsjahr per Abstimmung entlastet. Danach bestimmen die Mitglieder, wie viele Sitze der Aufsichtsrat haben soll und wählen im Anschluss einen Aufsichtsrat als ständige Vertretung der Mitglieder, der in ihrem Namen den Vorstand überwacht, also Bücher prüft usw. Der Aufsichtsrat wird dann auch einen Vorstand (mit zwei Mitgliedern) bestellen. 

Über den formal-juristischen Teil hinaus legen wir großen Wert darauf, dass sich die Mitglieder bei der Generalversammlung besser kennen lernen und vernetzen. Wie das konkret funktioniert, erfährst du hier.

Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat ist die direkt gewählte Vertretung der Mitglieder und besteht aus mindestens drei Mitgliedern. Die genaue Anzahl kann die Generalversammlung jedes Jahr neu festlegen. Der Aufsichtsrat überwacht laut Gesetz die Arbeit des Vorstands und prüft einmal im Quartal oder Halbjahr die Bücher und Abrechnungen. Das reicht uns bei Trink—Genosse nicht aus. Wir wollen, dass der Aufsichtsrat nicht nur auf dem Papier die Vertretung der Mitglieder ist, sondern deutlich aktiver ist und die direkte Interaktion des Vorstands mit Mitgliedern fördert.

Dazu ist jeder Aufsichtsrat angehalten, seine Rolle im Sinne von Trink–Genosse so zu gestalten, dass dem Manifluid und den Bedürfnissen der Mitglieder bestmöglich Rechnung getragen wird. Diese Neuaushandlung gestaltet jeder gewählte Aufsichtsrat für seine Amtszeit erneut, um unabhängig von bestehenden und ggf. nicht im Sinne der Mitglieder verfestigte Strukturen agieren zu können.

Der amtierende Aufsichtsrat hat beschlossen, durch mindestens ein Mitglied im Plenum vertreten zu sein, um den direkten Austausch mit AGs und Mitgliedern zu gewährleisten und möglichst wenig zusätzliche Treffen zu installieren. 

Wenn Du als einzelnes Mitglied oder ihr als AG euch nicht in den bestehenden Gremien von Trink–Genosse zu eurem Anliegen äußern könnt oder wollt, oder ihr das Gefühl habt eurem Standpunkt im bestehenden Konstrukt keinen Ausdruck verleihen zu können, wendet euch direkt an den Aufsichtsrat.

Dieser Kanal hat durchaus ein Gewicht, denn bei Bedarf kann der Aufsichtsrat auch die Abwahl des Vorstandes veranlassen, wenn berechtigte Zweifel festgestellt werden, dass dieser gegen die Interessen der Mitglieder verstößt. 

Unser neuer Aufsichtsrat
Unser Aufsichtsrat Lukas Uebelacker, Anke Riemer, Eli Prehn, Roman Berk (per Video) © Silviu Guiman — luetzow.studio

Vorstand

Der Vorstand ist das Leitungsorgan einer Genossenschaft und ist gesetzlicher Vertreter der Genossenschaft nach innen und nach außen. Er leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung. Er wird vom Aufsichtsrat bestellt und besteht bei Trink—Genosse aus zwei Mitgliedern. Die Größe des Vorstands lässt sich weniger flexibel anpassen als die des Aufsichtsrats: Wenn der Vorstand vergrößert oder verkleinert wird, muss das beim Registergericht hinterlegt werden.

Man könnte auch per Satzung festlegen, dass der Vorstand von den Mitgliedern direkt gewählt wird, aber der Konsens war bisher, dass es Sinn ergibt, den Vorstand von Leuten auswählen zu lassen, die sozusagen drinstecken, in der Genossenschaft und im Geschäftsbetrieb und wissen, was gerade wichtig ist. 

Insbesondere der Vorstand war in der Vergangenheit weisungsgebunden und durfte nur das tun, was ihm von den Mitgliedern aufgetragen wurde. Heute kann er in “klassischen” Genossenschaften eigentlich weitgehend tun, was er will, solange er nicht gegen die Satzung oder das Gesetz verstößt.

Diese Regelung ist für Trink—Genosse zu weit gefasst. Das Selbstverständnis des Vorstands von Trink—Genosse besagt, dass bei großen Entscheidungen die Mitglieder befragt werden, um die basisdemokratische Kultur zu leben. Vor Entscheidungen spricht der Vorstand sich mit dem Aufsichtsrat ab.

Die Kriterien für die Auswahl von Vorstandsmitgliedern arbeiten wir gemeinsam aus in der AG—Personal, in der sich alle engagieren können, die Lust haben bzw. denen das Thema wichtig ist.

Vorstand 2019 bei der Vertragsunterzeichnung
Vorstand 2019 (Kai Berthold & Jan Buckenmayer) bei der Vertragsunterzeichnung

Wie machen wir Genossenschaft basisdemokratisch?

Arbeitsgemeinschaften

Dieses gemeinsame Ausarbeiten ist auch der erste große Punkt, an dem wir über die gesetzlichen Mindestanforderungen an Genossenschaftsdemokratie weit hinausgehen. Es gibt bei Trink—Genosse eine ganze Reihe von Arbeitsgemeinschaften / Arbeitsgruppen (AG), die sich jeweils mit unterschiedlichen Themen (Personal, Bargestaltung, Location usw.) befassen und bei denen alle mitmachen können. Sie sind im Prinzip das Herz von Trink—Genosse, denn hier können sich alle einbringen und mitgestalten.

Damit arbeiten wir quasi doch wieder basisdemokratisch, denn wenn eine AG in einer Sache zu einem Ergebnis kommt, dann ist der Vorstand gut beraten, sich daran zu halten. Per Gesetz müsste er das zwar nicht, aber in der Satzung steht, dass der Vorstand von den Mitgliedern direkt und jederzeit abgewählt werden kann, wenn sie mit seiner Arbeit nicht zufrieden sind. In der Praxis wird es letztlich einfach so sein – bzw. ist es schon jetzt und schon seit mindestens einem Jahr, seit es aktive AG gibt –, dass die Kommunikation einfach direkt stattfindet. Der aktuelle Vorstand und Aufsichtsrat sind in vielen AG vertreten und wenn nicht, bekommen sie im Plenum, über Riot oder Trello mit, was in den AG besprochen wird.

AG Personal
AG Personal bei der Arbeit

Mitgliederumfrage

Die zweite Möglichkeit der basisdemokratischen Partizipation ist die Mitgliederumfrage. Das ist so ein bisschen wie eine ad-hoc Generalversammlung, aber ohne die ganzen offiziell-formalen Anforderungen. Wir haben die Methode schon bei den Abstimmungen über verschiedene Locations ausprobiert. Eine Mitgliederbefragung besteht aus einer Abstimmungsphase über ein Online-Umfragetool und einer begleitenden Diskussion (hier geht’s ins Detail). So wird es allen Mitgliedern ermöglicht, über die Ausgestaltung von Trink—Genosse mitzubestimmen – auch wenn sie sich gerade nicht in Köln aufhalten oder aus anderen Gründen nicht an einer Generalversammlung teilnehmen können. Das funktioniert unkompliziert, ohne große Kosten und vor allem schnell – anders als eine richtige Generalversammlung, die mehrere Monate Planung im Voraus benötigt.

Am Beispiel der Locationsuche lässt sich das gut erklären: Es gab natürlich auch andere Locations, über die nicht abgestimmt wurde, weil die AG von vornherein gesagt hat, dass sie z.B. aus Kostengründen nicht infrage kommen. Es gab also Vorentscheidungen innerhalb der AG. Weil die Leute in den AG aber gute Demokraten sind, haben sie beschlossen, dass sie das nicht einfach so entscheiden, sondern ein Konzept ausgearbeitet, in dem transparent dargelegt wird, was überhaupt in den AG entschieden werden darf: Auf Basis welcher Kriterien und unter welchen Voraussetzungen wir dann doch die Gesamtheit der Mitglieder befragen. Dabei haben sie die Grundlage für die Entscheidungs- und Mandatsmatrix gelegt, die wir nun auf andere AG übertragen.

Natürlich können wir damit nicht alle Eventualitäten abdecken und es darf auch nicht zu bürokratisch werden, aber im Zweifel gab es bisher immer lieber zu viel als zu wenig Mitbestimmung, d.h. auch als eher passives Mitglied muss man keine Angst haben, übergangen zu werden.

Plenum

Eine dritte Möglichkeit der Mitgestaltung von Trink—Genosse ist das alle zwei Wochen stattfindende Plenum. Beim Plenum werden alle aktuellen Themen Arbeitsgruppen-übergreifend diskutiert. Die Arbeitsgruppen berichten kurz über ihre Arbeit und stellen ihre offenen Fragen an die Runde. Oft reichen eine Diskussion oder ein kleines Stimmungsbild im Plenum aus, um den AG bei Richtungsentscheidungen zu helfen. Gäste sind beim Plenum herzlich willkommen und wir freuen uns immer wieder auf neue Gesichter mit neuen Fragen und Ideen!

Plenum auf der grünen Wiese

Vortrag bei der Generalversammlung am 26.10.2019: Clemens Schimmele

Textredaktion: Louisa Manz, Anke Riemer & AG—Organisation

Abbildung: Clemens Schimmele, Louisa Manz & Aufsichtsrat