Wir haben was Gutes miteinander vor

Mitgliedsurkunden

Genosse Albert war bei der ersten großen Generalversammlung dabei und hat seine Gedanken über diesen Tag für uns festgehalten.

Durch einen dunklen Gang, der recht funktional wirkt, in dem wir aber bereits warm empfangen werden, gelangen wir in die große Halle des Kulturraum 405, in der sich helles Tages- und künstliches Licht mischen und bunte, kunstvolle Dekorationen, sperrmüllzusammengewürfelte Sitzmöbel und eine selbstgezimmerte Bar anstrahlen. Unsere Gastgeber*innen haben überall wertschätzende Botschaften aufgehängt. „Schön, dass ihr da seid.“ Auf einem Spiegel in der Toilette steht: „Nur nackt siehst du schöner aus!“ Brauchen wir solche Botschaften als Erinnerung daran, nett zueinander zu sein? Wir haben uns schon herzlich begrüßt, bei einem Käffchen palavert, neue liebe Menschen kennen gelernt… nett können wir.

Wertschätzungsdusche

Trotzdem werden wir gleich erfahren, dass wir durch gezielte künstliche Förderung der Wertschätzung noch eins drauf setzen können – und es wirkt, gar nicht künstlich. In Grüppchen von drei Menschen, die sich möglichst noch nicht kennen, sollen immer zwei von ihnen positive Hypothesen über die dritte Person derselben ins Gesicht sagen. Sie darf nicht antworten, fünf Minuten lang, dann Wechsel. Dabei fühlen wir uns tatsächlich etwas nackt – und schön, wobei es nicht ums Aussehen geht. Fünf Minuten ununterbrochen reine Wertschätzung zu erfahren, kann auch verlegen machen, aber streichelt die Seele. Verblüffend und schön, was das in uns anrührt, wie wir in unseren Mutmaßungen übereinander Volltreffer landen, wie sich automatisch eine Atmosphäre der Kooperation einstellt und das Bewusstsein dafür geweitet wird, viel mehr als sonst bei der Anderen zu sein, und bei sich selbst. 

Check In: Hypothesenbildung
© Silviu Guiman | luetzow.studioluetzow.studio auf Instagram

Danach reflektieren wir, was uns überrascht hat. In der großen Runde, wir sind über fünfzig, sagen alle ihre Namen und was sie bei der Übung über sich gelernt haben. Das ist oft lustig und stellt in jedem Fall einen positiven Bezug zur Person her.

Check-In: Was habe ich über mich gelernt?
© Silviu Guiman | luetzow.studioluetzow.studio auf Instagram

Reine Formsache

Dann müssen wir langsam formal werden, schließlich ist das hier eine Generalversammlung. Einer hat sogar einen Anzug an. Eine witzige Anspielung auf die Ambivalenz, die wir gerne herstellen wollen. Einerseits die formalen gesetzlichen und oft durchaus sinnvollen Vorgaben einhalten und andererseits aber mehr als eine juristische Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sein. Wir sind cooperative design. 

Auf der formalen Seite hapert es hier und da noch, darin sind wir Neulinge. Am Ende kriegen wir natürlich alles geregelt, getragen von kollektiver Intelligenz und der immer noch um uns wabernden Wolke der Wertschätzung. Und vom mitgebrachten Buffet, das bunt und sehr gesund ist. 

Vorstand und Aufsichtsrat werden für wenige Tage formaler Existenz der Genossenschaft am Ende des Vorjahres entlastet. Darüber gibt es nicht viel zu berichten, aber in diesem Jahr ist schon viel passiert. Wir wachsen und unsere Bar nimmt langsam eine noch kaum sichtbare Gestalt an. Es gibt noch viel zu tun, zu lernen, zu erfahren. Wir wählen einen neuen Aufsichtsrat, den wir formal brauchen, aber nicht als von der Mitgliederbasis unabhängige Instanz verstehen wollen. 

Wer sind wir eigentlich?

Und wer sind wir, die Mitglieder, eigentlich? Das haben wir mit einem Fragebogen erfasst und können es jetzt aufbereitet an der Wand ablesen. Teilweise, zur Übersicht. Wer wir wirklich sind, erfahren wir im Miteinander, in der Arbeit und in der Gemeinschaft, im formalen Teil und später beim Bier.

Das scheint anzustecken. Einige, die gekommen sind, um erst mal zu gucken, füllen Beitrittserklärungen aus. Herzlich willkommen! 

Wir haben was Gutes miteinander vor. 

Und dafür bedanken wir uns, alle bei allen mit persönlichem Händedruck in einer großartigen Abschiedszeremonie.

Mehr über die Generalversammlung findest du hier.