Wie eröffnet man eine virtuelle Bar?

Virtuelle Bar

Unsere virtuelle Kneipe ist eine tolle Sache. Trotz sozialer Distanz können sich die Arbeitsgruppen von TRINK—GENOSSE treffen. Und nach einem langen Tag im Homeoffice steht jemand an der virtuellen Theke und trinkt mit dir ein Feierabendbier. Immer wieder sind neue Leute zu Gast, die ihre spannenden Geschichten mitbringen und mit dir eine Runde rumblödeln.

Du möchtest eine eigene virtuelle Bar eröffnen? Wir teilen gerne mit dir, was wir bisher gelernt haben.

Kurz & knapp: Was brauche ich?

  • Videochaträume anlegen bei Jitsi Meet
  • ein Dokument oder eine Website, in dem die Räume verlinkt sind
  • eine Anleitung mit den technischen Anforderungen und Verhaltensregeln für die Gäste
  • Überlegt euch, wie die Bar genutzt werden soll. Soll es Programm geben? Wer darf Programm anbieten? Ggf. braucht ihr ein Tabellendokument für den Programmplan

Wir freuen uns, wenn dir unsere Idee gefällt und du deine eigene virtuelle Bar eröffnest. Wir haben viel Gehirnschmalz, Energie und Arbeit in die Konzeption der virtuellen Bar gesteckt, daher wünschen wir uns, wenn du diese Arbeit wertschätzt und unseren Namen erwähnst.

Und jetzt noch mal zurück zum Anfang…

Wie alles begann

Als klar war, dass Versammlungen nicht mehr zu verantworten und sogar verboten sind, mussten wir schnell eine Lösung für unser wöchentliches Plenum finden. Ein Videochat-Tool musste her, daher haben wir verschiedene ausprobiert:

  • Skype: Eine Teilnahme als Gast ohne Konto ist möglich, aber das Tool ist ungeeignet für Gruppen über 10 Personen, daher fiel das bei uns aus.
  • Zoom: In der Gratis-Version sind die Gespräche auf 40 Minuten begrenzt. Unser Plenum dauert zwei Stunden, die Moderation wechselt und wir waren nicht bereit, 14 € pro Monat zu bezahlen. Deshalb haben wir uns gegen Zoom entschieden.
  • Google Meet: Dafür braucht man ein Google-Konto. Wir möchten niemanden zwingen, sich bei Google zu registrieren, um bei TRINK—GENOSSE mitwirken zu können. Also keine Lösung für uns.
  • Jitsi Meet: Wir kannten Jitsi schon als Plugin aus unserem Messenger Riot.im, wo es bisher allerdings nicht mit Stabilität geglänzt hat. Jitsi ist eine Open-Source-Software. Der Code ist für alle frei zugänglich. Man kann Jitsi auf einem eigenen Server installieren, wenn man es möchte. Die Entwickler von Jitsi Meet betreiben eine Instanz auf ihrem eigenen Server (in den USA, dazu noch ein paar Gedanken ganz unten im Text), die per Browser einfach zugänglich ist ohne Anmeldung. Die Browser-Variante hat uns aber schnell überzeugt, da sie Videokonferenz, Chat und Bildschirmteilen ermöglicht. 

Bei unserem ersten Online-Plenum haben wir Jitsi getestet und waren begeistert. Abgesehen von ein paar kleinen technischen Pannen durch falsche Browser oder langsame private Internetleitungen lief das Plenum super. Großer Pluspunkt: Auch Genoss:innen, die nicht in Köln wohnen oder zur Plenumszeit ihre Kinder betreuen, konnten am Treffen teilnehmen.

Zum Zeitpunkt des ersten Online-Plenums waren erste Maßnahmen zum Social Distancing angelaufen, viele hatten die ersten Tage im Homeoffice hinter sich und die ungewisse Situation sorgte für große Unsicherheit. Viele Genoss:innen in der Runde merkten an, dass es ihnen gut tut, endlich mal wieder vertraute Gesichter zu sehen und sich mit anderen Themen auseinandersetzen zu können. Deshalb haben wir beschlossen, den Raum auch an den folgenden Abenden als Treffpunkt für den informellen Austausch anzubieten. Der Grundstein für die virtuelle Kneipe war gelegt.

Der erste Prototyp wird gebastelt

Worum geht es uns eigentlich? Wir brauchen einen Raum, in dem wir uns treffen können und uns nah sein können, auch wenn wir räumlich entfernt sind. Einen Ort, wo du nach der Arbeit vorbeischauen kannst und Leute triffst, die dich auf andere Gedanken bringen.

Ein Chatraum ist ja schön und gut. Aber was ist, wenn so viele Leute im Gruppenchat sind, dass man sich gar nicht mehr richtig unterhalten kann?

Die Lösung: Wir brauchen mehr Räume! Aber warum dann nicht gleich eine ganze Kneipe?

Fürs Brainstorming haben wir den Grundriss unserer analogen Bar verwendet und ergänzt. So sah der erste Entwurf aus:

Bei Jitsi Meet haben wir die entsprechenden Räume angelegt und im internen Chat mit den Genoss:innen geteilt. 

Programmplan

Ideen für Veranstaltungsformate sprudelten. Deswegen haben wir einen Raum- und Programmplan erstellt, in dem die Links zu den Räumen hinterlegt sind und in einer Kalenderübersicht Veranstaltungen eingetragen werden können. Das Google-Dokument kann von allen bearbeitet werden, die etwas beitragen wollen.

Wir arbeiten weiter an der Struktur des Dokuments, um die Übersicht so einfach wie möglich zu gestalten.

Die virtuelle Bar wird öffentlich

Schnell wurde der Wunsch laut, die virtuelle Bar nicht nur genossenschaftsintern, sondern auch öffentlich zugänglich zu machen, um auch Freund:innen dort zu treffen.

Dafür haben wir einen neuen Bereich auf der Website von TRINK—GENOSSE erstellt und die Links zu den Videochaträumen und dem Programm geteilt.

Raumplan

Freitags haben wir uns zusammengefunden, um den Raumplan zu erstellen. Denis hat den Grundriss der analogen Bar vereinfacht und als Grundlage zur Verfügung gestellt. Eli hat in Windeseile die Zeichnungen angefertigt und in den Grundriss eingefügt. Drei Stunden und ein paar Anpassungsschleifen später stand der erste Raumplan auf der Website.

In den folgenden Tagen sind weitere Funktionen hinzugekommen, die auch im Raumplan vermerkt werden sollten. Damit wir besser zusammenarbeiten können und nicht von einer Person abhängig sind, haben wir unseren Raumplan in das kollaborative Design-Tool Figma übertragen, in dem wir seitdem weiterarbeiten und neue Versionen für die Website von hier aus exportieren.

Der zweite Prototyp geht an den Start

Am 21.03.2020 war große Eröffnung der virtuellen Bar mit einer Theatersession aus Jans WG und zahlreichen Zuschauer:innen. Leider war die Internetleitung nicht so stabil, aber Spaß hat es trotzdem gemacht!

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In den folgenden Tagen wurde die Bar gut belebt. Der Aufsichtsrat, Vorstand und die AG treffen sich nun zu ihren Besprechungen in der Bar. So manches Bier ist geflossen und es wurde gekocht, musiziert und getanzt. Lukas hat herausgefunden, dass man mit fünf Endgeräten gleichzeitig in einem Chat dabei sein kann, um sich wirklich mal von allen Seiten zu zeigen. Wir werden vertrauter mit der Technik. Weitere Funktionen kamen dazu.

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Erste-Hilfe-Kasten

Bei TRINK—GENOSSE achten wir aufeinander und unterstützen andere, wenn es ihnen nicht gut geht. Daher lag es nahe, dass in unserer Bar ein Erste-Hilfe-Kasten stehen muss. Unser Erste-Hilfe-Kasten ist ein Google-Dokument, das von allen mit Tipps und Hinweisen erweitert werden kann. Rona hat ihn mit vielen wichtigen Nummern für Seelsorgen, Notfalltelefone und Links und Tipps zu Übungen in Stresssituationen befüllt. Der Kasten wird stetig erweitert.

Spielesammlung

Am ersten Samstagabend in der virtuellen Bar fiel uns in der Runde auf: Sich unterhalten ist ja schön und gut, aber wir würden jetzt gerne etwas miteinander spielen. Aber wie geht das, wenn man nicht miteinander am Tisch sitzt? Seitdem sammeln wir in der Spielesammlung in einem Google-Dokument Ideen für Spiele, die man auch über Videochat miteinander spielen kann. Die Sammlung wächst immer weiter.

Virtuelle Getränke / Spenden

Seit dem 31.03.2020 gibt es virtuelle Getränke in der Bar. Wer möchte, kann sich ein virtuelles Bier, Limo, Wein oder Gin Tonic kaufen und uns mit seiner:ihrer Spende unterstützen. Dazu haben wir einen PayPal-Button hinzugefügt. Da bei PayPal ein Teil des Geldes hängen bleibt, sind wir auch bei Veedelsretter dabei. Wir haben alle Möglichkeiten, uns zu unterstützen, hier zusammengefasst.

Thekenschichten

Da die virtuelle Bar immer bekannter wird und immer mehr Menschen zu Gast sind, die TRINK—GENOSSE nicht kennen, haben wir Thekenschichten eingeführt. In einer Thekenschicht sind Genoss:innen anwesend, die Hintergrundinfos zur Genossenschaft geben können und darauf achten, dass unsere Gäste unsere Werte und Prinzipien respektieren. Da wir alle ehrenamtlich für TRINK–GENOSSE arbeiten, können wir diese Schichten leider nicht regelmäßig anbieten. Wenn du allerdings eine Bar mit Angestellten hast oder Community Management machst, können wir dir nur empfehlen, oft anwesend zu sein und zu nutzen, dass immer wieder neue Leute vorbeikommen

Neue Formate

Wir denken uns ständig neue Formate aus, um die Bar zu beleben. Dazu gehört z.B. eine gemeinsame Kochsession, in der Kimchi gemacht wird. Oder ein Abend, an dem Kai die Entstehungsgeschichte von TRINK—GENOSSE erzählt.

Öffentlichkeitsarbeit

Bisher hatten wir die virtuelle Bar nur über unseren Newsletter und unsere Social-Media-Kanäle beworben. Dann wurde der Kölner Stadtanzeiger auf uns aufmerksam und hat über uns berichtet. Es folgte SAT.1 NRW mit einem Fernsehbeitrag. Und fff.cologne hat einen tollen Blogbeitrag über uns veröffentlicht.

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Wie es weitergehen könnte

  • Wir freuen uns über Stammtische, Diskussionsgruppen, Sportgruppen…, die bei uns zum Programm beitragen möchten.
  • Wir suchen gerade nach jemandem, der:die uns einen Server bereitstellen möchte, dass wir Jitsi dort installieren können und der Handshake nicht mehr über amerikanische Server läuft.
  • Wir suchen nach technischen (und rechtlich sauberen) Möglichkeiten, Konzerte und DJ-Sets in unsere Bar zu integrieren.

Die virtuelle Bar wurde realisiert von Anke Riemer, Elisabeth Prehn und Louisa Manz

Text: Louisa Manz & Anke Riemer