Wir wollen eine genossenschaftliche Bar eröffnen. Aber wie soll die konkret aussehen? Womit fangen wir an, wenn wir einen Mietvertrag unterschrieben haben? Was gibt es alles zu tun? Wie beziehen wir die Genoss*innen in die Gestaltung mit ein? Mit diesen und vielen anderen Fragen befasst sich ab sofort die AG Bargestaltung & Konzept.
Dabei gilt: Jedes Thema ist willkommen, egal wie groß oder klein es ist. Um sich den Fragen, Themen und Anliegen aller Teilnehmenden anzunehmen, haben wir unseren ersten Workshop als Open Space gestaltet.
Open Space – Was ist das eigentlich?
(Inspiriert & in Teilen übernommen von initio Organisationsberatung)
Open Space ist eine Methode, die maßgeblich durch Harrison Owen entwickelt wurde. Nachdem er mehrere Monate eine Konferenz geplant und durchgeführt hatte, erhielt er das Feedback, dass vor allem die Kaffeepausen zum Gelingen der Konferenz beitrugen. Den informellen Geist und kreativ-unbeschwerte Kraft von Kaffeepausen machte er sich zu Nutze, um die Open Space Technology zu entwickeln. Open Space ist heute eine Methode, die auf allen Kontinenten und in Gruppen mit einigen wenigen und bis zu 1.000 und mehr Teilnehmenden erfolgreich angewendet wird.
Bei Open-Space-Workshops bestimmen die Teilnehmer*innen die Themen selbst. Es gibt keine vorbereitete Agenda mit Tagesordnungspunkten. Alle Teilnehmer*innen sind selbständig für die Ergebnisse des Workshops verantwortlich.
Die Methode setzt auf Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Teilnehmer*innen. Ein*e Moderator*in unterstützt die Gruppe, indem er*sie für stabile und verlässliche Rahmenbedingungen sorgt, einen geschützten Raum kreiert und die Methode ausführlich erklärt.
In einer Vorstellungsrunde, im Kreis, zu Beginn finden wir heraus, wer anwesend ist, wie viel Erfahrung unter den Teilnehmenden vorhanden ist und mit welcher Verfasstheit jede*r Einzelne anwesend ist.
Die Moderation erklärt den Ablauf und die einzelnen Schritte, damit alle Teilnehmer*innen wissen, was sie erwartet.
Beim Open Space gibt es 5 Prinzipien, 2 Erscheinungen und 1 Gesetz des Open Space:
1. Prinzip: »Wer auch immer kommt, es ist der*die Richtige!«. Es macht wenig Sinn, an diejenigen zu denken, die nicht teilnehmen können oder gerade in anderen Gruppen engagiert sind. Nur die, die da sind, haben ausreichend Energie zur Teilnahme aufgebracht und sind bereit, ihre Zeit und Kraft in das Thema zu investieren. Damit sind sie die Richtigen! Jede*r hat das Recht teilzunehmen – egal, ob die Person schon lange im Projekt mitarbeitet oder zum ersten Mal dabei ist. Es spielt auch keine Rolle, ob viele oder wenige Teilnehmer*innen kommen. Wichtig ist nur, dass die Leute kommen, für die das Thema relevant ist.
2. Prinzip: »Was auch immer geschieht – es ist das Einzige, was geschehen kann«. Wir machen uns von Erwartungen frei, um neuen Erkenntnissen, Ideen und Ereignissen offen gegenüberzustehen. Jede*r hat die Chance, sich nach seinen Möglichkeiten einzubringen und das Ergebnis mitzugestalten. Alles, was anders hätte sein können, ist jedoch nicht geschehen und daher für den Moment der Veranstaltung bedeutungslos. Alle Teilnehmer*innen sind dazu eingeladen, sich auf das zu konzentrieren, was sie miteinander diskutieren, planen und tatsächlich auf den Weg bringen.
3. Prinzip: »Wann immer es beginnt, es ist die richtige Zeit!«. Mit anderen Worten: Kreativität lässt sich nicht auf Knopfdruck abrufen. Der richtige Moment ist dann gekommen, wenn die Inspiration da ist – und das ist wichtiger als Pünktlichkeit. Es kann immer passieren, dass Mitglieder einer Arbeitsgruppe früher erscheinen oder einzelne erst später dazu kommen. Wichtig ist nicht unbedingt Pünktlichkeit, sondern vor allem der Zeitpunkt, an dem genügend Energie in der Arbeitsgruppe vorhanden ist, um wirklich gemeinsam zu arbeiten. Das kann auch bedeuten, dass Arbeitsgruppen früher Schluss machen, wenn sie das verabredete Thema bereits hinreichend bearbeitet haben, oder länger arbeiten, sofern gegen Ende eine spannende Diskussion entsteht. Allerdings gilt auch: »Wenn es vorbei ist, ist es vorbei!«. Wenn die Gruppe das Gefühl hat, dass alles gesagt wurde oder das Thema ausreichend besprochen und die Ergebnisse gut dokumentiert wurden, dann ist es OK zu sagen; „Jetzt ist es vorbei!“.
4. Prinzip: »Wo es passiert, es ist der richtige Ort!«. Es spielt keine Rolle wo die guten Ideen und Gespräche entstehen. Als Themengeber*in entscheide ich, wo die Arbeitsgruppe sich trifft. Einzig ist darauf zu achten den Ort des Geschehens für die anderen Teilnehmenden gut sichtbar und lesbar zu kommunizieren, damit alle den Ortswechseln nachvollziehen können.
Das »Gesetz der zwei Füße« ist das einzige Gesetz im Open Space. Nach dem Motto; „Ich gehe dort hin wo meine Aufemerksamkeit mich lenkt, ich etwas beitragen oder lernen kann.“, ist jede*r Teilnehmende eingeladen Selbstverantwortlich zu entscheiden, wohin er/sie gehen möchte und wann. Dies kann bedeuten, dass die Person eine Arbeitgruppe nach 5 Min. verlässt, sich einer anderen anschließt oder die Zeit an der Café-Ecke verbringt. So ist Jede*r verantwortlich für sich und für das Ganze. Wenn wir dem Gesetzt der zwei Füße folgen, werden immer die richtigen Personen an den Workshops teilnehmen.
Wenn die Teilnehmer*innen das „Gesetz der zwei Füße“ anwenden und ernst nehmen, können zwei typische Erscheinungen auftreten, die wir metaphorisch „Hummeln“ und „Schmetterlinge“ nennen.
„Hummeln“ fliegen von Gruppe zu Gruppe und bilden eine Brücke zwischen den Themen durch häufige Gruppenwechsel. Sie „befruchten“ dabei die Arbeitsgruppen wie Hummeln ihre Blüten mit Wissen und Erkenntnissen aus denjenigen Diskussionsrunden, an denen sie vorher teilgenommen haben und tragen damit zur Vernetzung dabei.
„Schmetterlinge“ sind, wie wir wissen, einfach schön anzusehen. Man findet sie eher in der Café-Ecke als in den Workshopräumen. Sie flanieren und pausieren und schaffen oft auch Wegweisendes: Nicht selten stecken „Schmetterlinge“ am Buffet ihre Köpfe zusammen und diskutieren Querschnittsthemen oder werten ihre bisherigen Erfahrungen aus. Erkenntnisse aus diesen Gesprächen können dann später in andere Arbeitsgruppen einfließen. Wo Schmetterlinge sind, können hier und da kleine Wunder entstehen.
Ergebnisse Open-Space-Veranstaltungen sind nicht planbar, da sich Wissen und Erkenntnisse auf ganz unterschiedlichen Wegen vernetzen können. Daher gilt immer: „Sei darauf vorbereitet überrascht zu werden!“.
Themen
Jede*r Teilnehmer*in notiert auf einen Zettel das Thema, dass er*sie gerne mit der Gruppe bearbeiten möchte, nennt seinen*ihren Namen, stellt es dann den anderen vor und ordnet dieses Thema auf der Themenwand (Themenmatrix) einer Runde zu.
Marktplatz
Beim Marktplatz hat jede*r Teilnehmende die Möglichkeit sein*ihr Interesse an einem Thema zu bekunden, indem er*sie seinen*ihren Namen auf das Themenblatt schreibt. Daran kann der*die Themeneinbringer*in ablesen, mit wie viele Menschen sich tendenziell für das Thema interessieren. Hat sich jeder eingetragen werden die Themen verhandelt. Themenüberschneidungen können zusammengelegt werden, Themen von Runde 1 auf Runde 2 gelegt, oder andersherum. Damit wird möglichst allen Teilnehmenden ermöglicht, an den Themengesprächen teilzunehmen, für die sie sich interessieren. Anschließend werden Treffpunkte/Orte für die einzelnen Workshops festgelegt und die erste Runde beginnt.
Runde 1
In der ersten Runde finden sich alle Interessierten zusammen und beginnen, sich über das Thema auszutauschen. Die Hummeln und Schmetterlinge bewegen sich, wie es ihnen beliebt. Am Ende der ersten Runde werden die Ergebnisse gemeinsam festgehalten sowie weitere Schritte und Zuständigkeiten definiert, damit das Besprochene auch über den Open Space hinaus weiterverfolgt wird. Nach der vorher vereinbarten Zeit beginnt die zweiten Runde.
Runde 2
In der zweiten Runde treffen sich die Gruppen für die Themen von Runde 2 und gehen wie in Runde 1 vor. Auch hier werden die Ergebnisse wieder festgehalten.
Präsentation & Verabredungen
Nach dem Ende der zweiten Runde treffen sich alle Teilnehmenden wieder im Kreis und präsentieren die Ergebnisse in Form einer Mini-Präsentation, um die Essenz des Dialogs zu teilen. Ein guter Zeitrahmen wäre hierfür z.B. 2 Minuten. Damit die Themen, nach Ende der Veranstaltung nicht in Vergessenheit geraten, übernehmen einzelne Teilnehmer*innen die Verantwortung für ein oder mehrere Themen. Sie erklären sich bereit am Thema weiterzuarbeiten und die vorher vereinbarten nächsten Schritte zu tun.
Dokumentation
Ein Fotoprotokoll wird an alle verschickt. Die Verantwortlichen übertragen die Ergebnisse und nächsten Schritte in Trello, damit so die Möglichkeit besteht, auch zwischen den Workshops Themen weiterzuentwickeln und auch Personen einzubinden, die nicht im Open Space dabei waren.
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Quellen
Open Space Technology, deutsch: Open Space Technology – Ein Leitfaden für die Praxis; Harrison Owen, Klett-Cotta, Stuttgart 2001. ISBN 978-3-7910-3031-9
Lernlandkarte Nr. 1 Open Space; Scholz, Holger., Vesper, Roswitha; Haußmann, Martin; Neuland, Eichenzell, 2006, ISBN: 978-3940315014
Mehr zum Thema Open Space gibt es hier bei initio Organisationsberatung.
Das nächste Treffen findet am 18.09.2019 statt. Weitere Informationen gibt es hier.
(Jan Buckenmayer & Louisa Manz)